Muskeldystrophie – Bright, Collins und Linda leiden an dieser Krankheit
Bright war vor Jahren ein Patenkind von Baobab an der Oxford Schule. Vor sieben Jahren verschwand er aus der Schule und kam nicht wieder. Ein Mitarbeiter von Baobab fuhr in sein Dorf, um herauszufinden, was mit ihm los war. Was er dort vorfand verschlug ihm die Sprache. Mr Alhaji und ich fuhren hin. Bright war da, aber konnte nur unter großen Schmerzen laufen. Der ältere Bruder George saß auf dem Boden in einer Lehmhütte und Collins, ein etwa zwölf jähriger Junge kroch auf uns zu. Alhaji und ich mussten erst einmal weg gehen, denn beide waren wir zu Tränen gerührt. Inzwischen wurden die Mutter und die Großmutter geholt und wir setzten uns zusammen. Die Großmutter erzählte, dass es vier Kinder gäbe, die alle diese Krankheit hätten. Die fünf jährige Linda finge auch schon an zu stolpern. Nein, beim Arzt wären sie nie gewesen, das könnten sie sich nicht leisten. George und Collins, die zu der Zeit gar nicht mehr laufen konnten, hätten auch nie Rollstühle gehabt.
Wir handelten. Krankenhaus in Accra, Physiotherapie in Cape Coast, Rollstuhl für George, alles was uns einfiel. Diagnose: Muskeldystrophie! Nicht heilbar!
George ist nach einem Jahr gestorben. Vielleicht weil er sowieso gestorben wäre, vielleicht, weil er mit dem Rollstuhl umgekippt ist und auf den Kopf gefallen war. Drei mal musste er mit Blaulicht 200 km weit nach Accra in die Klinik gebracht werden, da Cape Coast sich überfordert fühlte. Er war eigentlich derjenige, der sich damals am meisten mit seinem Schicksal arrangiert hatte. Er war ein Rapper, schrieb tolle Lieder, die die Erwachsenen ermahnten, sich besser um ihre Kinder zu kümmern und an seinen Vater, dass er sich um seine Frau und Kinder, aber nicht um eine andere Frau kümmern solle.
Bright und Collins holten wir direkt an die Schule. Bright ist inzwischen graduiert und konzentriert sich auf seine Kunst. Er malt und zwar richtig gut. Das gibt ihm Kraft und Zuversicht und es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Auch unterrichtet er teilweise, was ihm große Freude bereitet.
Collins ist demnächst mit der Schule fertig. Er kann wieder laufen und versucht kleinere Strecken ohne Rollstuhl hinter sich zu bringen. Bei ihm sehe ich nicht diese Zuversicht und Zukunftsplanung wie bei Bright, aber er ist da, macht alles mit und er lebt.
Seit Beginn 2017 ist nun auch Linda bei uns. Sie sitzt schon im Rollstuhl. Sie ist sehr glücklich, bei uns und den Brüdern zu sein, ein strahlendes Mädchen, das jetzt nähen lernt und nach einem knappen Jahr schon ganz gute Fortschritte gemacht hat. Sie hat Freundinnen, die ihren Rollstuhl schieben und sie weiß was sie will und was sie nicht will.
Bright ist ja eigentlich fertig mit der Schule, aber er kann nicht im Dorf leben, er braucht unsere Unterstützung und die der anderen Schüler. Auch Collins und Linda werden voraussichtlich bei uns bleiben müssen.
Muskeldystrophie ist nicht heilbar. Wir können sie nur begleiten, sie unterrichten und ausbilden und ihnen ein würdevolles Leben ermöglichen solange sie da sind.